Warum Casual-Games aggressiver machen als Call of Duty Bild: getty images

Gewalt in Videospielen

Warum Casual-Games aggressiver machen als Call of Duty

Gewalthaltige Games machen den Spieler aggressiv – so der gängige Tenor. Einer neuen Studie zufolge schlummert das Aggressionspotenzial aber nicht in blutigen Stilmitteln, sondern in den Gameplay-Mechaniken.
Zum Thema Gewalt in Videospielen und daraus resultierenden Aggressionen beim Spieler existieren reihenweise Studien. Allerdings begrenzten sich diese bislang lediglich auf den Inhalt der betroffenen Games, ließen einen wichtigen Aspekt aber außen vor – das Gameplay. Schließlich kann der Otto-Normal-Gamer bezeugen: Wenn der Controller gegen die Wand fliegt, dann nicht wegen inflationärem Einsatz von rotem Lebenssaft, sondern durch altbackene und frustrierende Spielmechaniken. Das belegt nun auch eine im Journal of Personality and Social Psychology erschienene Studie der Oxford-Universität.

Demnach reagiert derjenige, der ein Spiel aufgrund seiner Bedienung nicht meistern kann, aggressiv – ob brutal oder nicht. Der Studienleiter Andrew Przybylsky: „Jeder, der nach einem verlorenen Spiel schon einmal seinen Controller auf den Boden geworfen hat, kennt die starken Gefühle, die das Versagen nach sich zieht.“ Besonders stark sei dieser Effekt, wenn der Spieler nicht wegen mangelnder Fähigkeiten verliert, sondern dank Gameplay-technischer Ausfälle. Dieses Phänomen nennt sich „rage quitting“ und lässt sich nicht nur auf Gaming, sondern auch auf andere Bereiche anwenden. Ein Sportler, der mit einer Fehlentscheidung des Schiedsrichters konfrontiert wird, erlebe einen ähnlichen Zustand, der dann zu Aggression führt.


Welche Games machen aggressiv?

Um herauszufinden, welche Aspekte Gamer genau aggressiv machen, holten sich die Initiatoren knapp 600 Studenten ins Boot. Die spielten anschließend verschiedene Games, deren Bedienung und Schwierigkeitsgrade heimlich beeinflusst wurden. Ein Beispiel: Die Forscher ließen eine modifizierte Version von Valves Half-Life 2 anfertigen, die gänzlich auf Gewalt verzichtet. Anschließend verglichen sie die Reaktionen der Probanden, die die gewaltfreie Version gespielt hatten mit den Reaktionen der Spieler, die die bekannte Fassung spielten. Der Knackpunkt: Nicht alle durchliefen vorher das Tutorial. Die Forscher fanden heraus, dass die Spieler, die die gewaltfreie Version ohne Tutorial spielten im Anschluss wütend waren, die Spieler der blutigen Version nicht.

Bei einem anderen Versuch mussten die Probanden ihre Hand für 25 Sekunden in ein Glas mit extrem kaltem Wasser legen und anschließend entweder eine simple oder schwierige Tetris-Version spielen. Unwissend, dass alle Studenten ihre Hand gleich lang ins kalte Wasser legen mussten, sollten die Gamer anschließend die Zeitspanne bestimmen, die der nächste Proband im Wasser verharren muss. Das Ergebnis: Spieler, die die schwierige Tetris-Version gespielt hatten, wollten andere Spieler im Schnitt zehn Sekunden länger leiden lassen.


Tetris als Controller-Crasher

Andrew Przybylsky und sein Co-Autor Richard Ryan, Motivationspsychologe der University of Rochester, sind sich einig: Die Annahme, brutale Games verursachten aggressives Verhalten, ist zu voreilig. „Es ist ein komplizierter Bereich, doch die Menschen neigen zu einfachen Betrachtungsweisen“, so Ryan, und fügt hinzu, dass gewaltlose Games wie Tetris und Candy Crush den Spieler unter Umständen aggressiver machen können als brutale – sofern sie schlecht designt oder zu schwer sind.

Details

  • Genre: Action
  • USK: Ohne Altersbeschränkung
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