Chronicle: Zerstörerische Superhelden Bild: 20th Century Fox Home Entertainment

Chronicle: Zerstörerische Superhelden

Auf dem Papier klingt Josh Tranks Chronicle: Wozu bist du fähig? wie ein typischer Science-Fiction-Streifen im Highschool-Universum. Dank untypischen Genreelementen kann der Streifen aber weit mehr.
Wenn eine Kinoproduktion drei Teenager in den Fokus der Handlung stellt, die wider Willen zu Superhelden werden, dann ist das in der Regel alles andere als vielversprechend. Wenn es sich dann auch noch um eine Found-Footage-Produktion handelt, sacken die Chancen auf einen unterhaltsamen Filmabend noch weiter ab. Regisseur Josh Trank schafft es mit Chronicle – Wozu bist du fähig? aber doch, aus besagten Zutaten ein gutes Science-Fiction-Gericht zu zaubern – wenn auch nicht unbedingt für Feinschmecker.


Garantiert kein cooler Typ

Der Schüler Andrew Detmar (Dane deHaan) ist der typische Außenseiter. Er verbringt die große Pause in der Regel allein, sein einziger Freund ist sein Cousin Matt (Alex Russel). Die Familienverhältnisse sind nicht viel besser: Seine totkranke Mutter ist ans Bett gefesselt und sein alkoholkranker Vater hat nichts als Hass für seinen Sprössling übrig. Als Andrew aus unbekannten Gründen beschließt, sein komplettes Leben als Video zu dokumentieren, ist der Grundstein für die Found-Footage-Gangart von Chronicle gelegt. Der Zuschauer verfolgt das Geschehen fortan durch das Objektiv von Andrews Kamera. Die erste prägende Szene: Andrew, Matt und der Highschool-Liebling Steve (Michael B. Jordan) finden ein riesiges Loch im Boden, in dem sich ein außerirdisches, felsähnliches Objekt befindet. Als das Trio das Artefakt anfasst, verlieren sie das Bewusstsein. Als sie erwachen, haben sie plötzlich Superkräfte.


Wohin mit den Superkräften?

Völlig übermannt von der Tatsache, dass sie aus purem Willen abheben und Gegenstände telekinetisch mit ihren Gedanken bewegen können, probieren sie allerhand verrückte Dinge aus. Doch mit den neu erlangten Fähigkeiten kommt auch Andrews dunkle Seite immer mehr zum Vorschein. Er mutiert langsam zum ultimativen Bösewicht, ohne Gewissen und Reue – trotz der Mühen seiner Gefährten, ihn wieder auf die „gute“ Seite zu ziehen.

Zwar gefallen Andrews Wutausbrüche und die damit einhergehende Zerstörungsorgien inszenatorisch; die Tragik, die ihm Regisseur Trank wohl mit auf den Weg hätte geben wollen, bleibt jedoch auf der Strecke. Zu belanglos wirken im Vergleich zu seinen Taten das kaputte Elternhaus und die Einsamkeit des zwielichtigen Protagonisten. Statt eine Bindung mit dem mitfühlenden Zuschauer aufzubauen, verkommt Andrew zum oberflächlichen Bösewicht, für den der Beobachter nur reine Abneigung empfinden kann. Schade, hat Joss Whedon kürzlich mit The Avengers gezeigt, dass man auch dem Bösewicht eine gewisse Sympathie mit auf den Weg geben kann. Dennoch: Die vergleichsweise kleine Kern-Schauspielriege überzeugt mit authentischer Darstellung der überforderten Charaktere. Die Kameraführung traut sich ihren eigenen Stil zu und hebt sich dadurch positiv vom zunehmend ausgelutschten Found-Footage-Einerlei ab. Coole Idee: Da Protagonist und Kameramann Andrew über telekinetische Fähigkeiten verfügt, verfrachtet er die Kamera kurzerhand in die Lüfte und sorgt so immer für den passenden Blickwinkel.

Auch wenn Chronicle kein Meilenstein ist, bietet der Film doch eine willkommene und durchaus spannende Abwechslung zu Hulk, Spiderman & Co. Zumal es Trank wahrlich versteht, mit Übernatürlichem und dezenten Genre-Innovationen zu jonglieren, ohne dabei platt zu wirken.



Details

  • Titel: Chronicle: Wozu bist du fähig?
  • Land/Jahr: USA 2012
  • System: DVD, Blu-ray
  • Genre: Science-Fiction
  • FSK: Ab 16 Jahren
  • Regie: Joshua Trank
  • Darsteller: Dane DeHaan, Alex Russell, Michael B. Jordan
  • Extras: Kinofassung, Entfallene Szene, Vorab-Animationen, Kameratest, Original Kinotrailer
  • Release: 17.08.2012
  • Laufzeit: 90 Min.
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