Interview mit Steven Bauer: „Ich hatte Talent und jede Menge Geduld“ Bild: Universal Pictures Home Entertainment/entertainweb

Interview mit Steven Bauer: „Ich hatte Talent und jede Menge Geduld“

Steven Bauer wurde als Esteban Ernesto Echevarria in Havanna, Kuba geboren. Anfänglich eher eine Karriere als Musiker im Auge, entschied sich Bauer dann doch für die Schauspielerei. Und er sollte es nicht bereuen: Nach kleineren Rollen am Theater und in TV-Produktionen, bekam er 1983 die Chance seines Lebens – eine Rolle in Scarface neben keinem Geringeren als Al Pacino.

Für die Darstellung bekam er sogar eine Golden Globe Nominierung. Anlässlich des Blu-ray-Starts von Scarface am 08.09.2011 hatten wir Gelegenheit mit Steven Bauer ein sehr interessantes Gespräch zu führen:


entertainweb:
Steven, Du wolltest ursprünglich Musiker werden, hast dich aber doch für die Schauspielerei entscheiden. Warum?


Steven Bauer: Ich bin mit Musik aufgewachsen. Meine Großmutter ist Opernsängerin, mein Großvater Geigenspieler – zuhause lief also ständig klassische Musik. So begann auch ich, Geige zu spielen. Trotz meiner Bemühungen und der Passion für Musik, war es äußerst schwer in einer Zeit, in der Jazz angesagt war, mit klassischer Musik erfolgreich zu sein – es war einfach nicht „cool“. Ich wechselte auf Gitarre, spielte eher Popmusik, aber auch darin fand ich nicht meine Berufung.

Neben der Musik war das Theater meine zweite große Leidenschaft. Ich hatte immer davon geträumt auf der Bühne zu stehen, in historische Heldenrollen zu schlüpfen. Ich stellte mich also bei einem Casting vor und bekam prompt eine Rolle. Die Zeiten waren hart, ich brauchte dringend Geld. Also blieb ich bei dem Job, der mir Geld brachte, und das war eben die Schauspielerei.


entertainweb: Wie bist Du zu der Rolle in Scarface gekommen?


Steven Bauer: Das war Schicksal. Während meiner Zeit in Kalifornien am Theater hatte ich Unterricht bei der berühmten Schauspiellehrerin Stella Adler (mit einem Stern auf Hollywoods Walk of Fame geehrt und Größen wie Warren Beatty und Marlon Brando ausgebildet). Sie war der Meinung, dass ich über großes Talent verfüge und bat mich sie nach New York zu begleiten, um den Unterricht zu intensivieren. Ich vertraute ihr blind und folgte ihr.

Nach einem Jahr war ich auf dem Weg zurück nach Kalifornien, um bei einigen Castings für verschiedene TV-Produktionen vorzusprechen. Noch bevor ich das Flugzeug betreten konnte, bekam ich einen Anruf von meinem Manager. Er berichtete mir von einem Vorsprechen für einen Film namens Scarface. Sie suchten einen engagierten Schauspieler für die Rolle des Manny Ribera. Als ich das Drehbuch las, wusste ich ganz genau: das ist die perfekte Rolle. Auch der damals verantwortliche Casting Director war von mir begeistert und stellte mich Regisseur Brian de Palma vor. Auch er war der Meinung, dass ich genau der Richtige für die Rolle war.

Ich verbrachte den Sommer damit, mir das Drehbuch einzuverleiben und auf die finale Zusage zu warten. Meine Manager drängten mich dazu, andere Rollen anzunehmen und auf die in Scarface zu verzichten. Auf der anderen Seite bat mich der Produzent von Scarface ich sollte geduldig sein, ich würde meine Chance bekommen. Ich war hin- und hergerissen, zudem kam noch, dass ich kein Geld hatte, um zu leben. Eine schwere Zeit. Doch meine Hartnäckigkeit siegte, ich lernte Al Pacino bei einem Abendessen kennen. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch, und obwohl er die Rolle von Manny bereits einem Freund versprochen hatte,  bekam ich endlich die finale Zusage.



entertainweb: Wie war es mit Al Pacino zu drehen?


Steven Bauer: Das war magisch. Er hat sich sehr um mich gekümmert. Wir haben uns während der Dreharbeiten die Rollen von Tony Montana und Manny Ray einverleibt und wirklich gelebt. Das ging wie von selbst. Deswegen wirken die Szenen im Film so authentisch, als ob wir uns seit einer Ewigkeit kennen würden.


entertainweb: Hast Du noch Kontakt zu Al Pacino?


Steven Bauer: Ja, wir haben immer noch Kontakt. Er ist ein viel beschäftigter Mann. Seine Arbeit als Schauspieler und Regisseur aber auch seine Familie halten ihn enorm auf Trab. Daher sehen wir uns leider nicht so oft. Umso mehr freue ich mich, ihn auf der Premierenfeier zum Blu-ray-Start von Scarface gesehen zu haben. Auch das Treffen mit den anderen des Scarface-Teams war wunderbar.


entertainweb: Es gibt eine lustige Szene am Strand, in der Du Al Pacino erklärst, wie man in den USA Frauen anmacht. Benutzt Du die Zungentechnik immer noch, um Frauen aufzureißen?


Steven Bauer: Nein, nicht wirklich (lacht). In Wahrheit bitten mich eher Freunde in Begleitung ihrer Frauen, die Zungenszene vorzuspielen. Ich schäme mich fürchterlich. Das mache ich nur wenn ich mit einer Frau alleine bin und sie schon gut kenne. Es vergeht kein Tag, in dem ich nicht gebeten werde die Zungenszene vorzuspielen. Unglaublich (lacht).

Neben der Zungenszene am Strand bitten mich Leute auch eine andere Szene nachzuspielen, und zwar die, in der ich mit Al in der Imbissbude arbeite und mich einer der Kunden bittet, mehr Schinken in das Sandwich zu packen. Es ist irre was für einen Einfluss der Film auf die Menschen hat. Es gibt so viele Fans, die sich die Mühe machen, sich ganze Passagen aus dem Film einzuprägen und zu zitieren. Unfassbar!



entertainweb: Ich nenne Dir jetzt fünf Zitate aus dem Film. Welches gefällt dir am besten?

- In this country, you gotta make the money first. Then when you get the money, you get the power.
Then when you get the power, then you get the women
- Why don't you try stickin’ your head up your ass, see if it fits?
- Don't get high on your own supply
- All I have in this world is my balls and my word... and I don’t break them for no one
- I always tell the truth even when I lie


    Steven Bauer: Definitiv das erste Zitat. Der Inhalt entspricht genau der Realität. Da ist viel Wahrheit dran.


    Das Gespräch führte Marcos Placias



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